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osRetail – Versandhandelssoftware auf OpenSource – Basis. Eine Einschätzung.

9. März 2010

OpenSource für Versandhandelssysteme? Was taugt der osRetail-Ansatz?

Keine Frage – viele althergebrachten spezialisierten ERP/CRM-Lösungen für den Versandhandel, egal ob von kommerziellen Anbieter oder Marke Eigenbau, sind in die Jahre gekommen und die technologische oder auch inhaltliche Weiterentwicklung wird immer schwieriger. Gleichzeitig können neue Ansätze und Systeme, die eher aus dem Windschatten des Ecommerce kommen bzw für primäre Onlineversender entwickelt wurden, für Versender, die weiterhin einen Gutteil ihres Geschäfts im Offlinebereich machen, oft nicht überzeugen, da teilweise selbst rudimentäre Selbstverständlichkeiten des klassischen Versandhandels fehlen.

Vor diesem Hintergrund lies ein Posting in der Xing-Gruppe „Versandhandel“ unter dem Titel „Vollständige ERP Lösung für den Handel auf Basis Open Source“  aufhorchen.

Eine vollständige ERP-Lösung? Und dies als OpenSource? In diesem doch vergleichsweise engen und spezialisierten Versandhandelssegment? Wo Systeme wie CAO Faktura doch eher für einfache Anwendungen tauglich sind und Projekte wie OpenERP in Deutschland nicht so richtig zum Zuge kommen?

Grund genug, sich die Software namens osRetail im Zuge einer Präsentation einmal etwas näher anzuschauen. Wie weit ist das System? Worauf beruht es? Was sind die Knackpunkte?

Der Funktionsumfang

Ohne Zweifel – der grundsätzliche Leistungsumfang von osRetail ist auf den ersten Blick sehr umfassend. Von umfassenden Anlagemöglichkeiten bei Artikeln angefangen über zahlreiche Möglichkeiten bei der Anlage und Steuerung von Marketingaktionen, Lagerverwaltung bis hin zur Kundenverwaltung – scheint soweit alles da zu sein, was ein klassischer Offlineversandhändler braucht. Dies ist auch kein Wunder, sind die beiden Macher des Projekts doch seit langen Jahren im Versandhandel tätig, u.a. beim Baur-Versand. Eine erste Übersicht über den Funktionsumfang findet sich HIER

Hervorzuheben sind dabei zum einen eine integrierte Deckungsbeitragsrechnung / – simulation, welche artikel- und zielgruppenspezifisch entsprechende Planungswerte liefert – nicht unbedingt eine Selbstverständlichkeit bei Versandhandelssoftware, wo die Marketingplanung oft durch Insellösungen oder Exceltabellen realisiert wird. Ferner ist ein Kernstück die Unterstützung der Werbemittelproduktion durch Databasepublishing-Funktionalitäten, insbesondere das Zusammenspiel mit Grafik und Fotografen betreffend. Insbesondere dieses Feature kennt man von anderen, etablierten ERP-Systemen nicht unbedingt. Hier zeigt sich auch, dass OsRetail seine Herkunft in der Offline-Denke hat. Ein System welches im Schatten eines Webshop entwickelt worden wäre, wäre an dieser Stelle sicherlich anders aufgebaut – aber grad die Abdeckung klassischer Offline-Anforderungen macht OsRetail ja anschauenswert. Eine Webshop-Anbindung ist im Zusammenspiel mit Ancud in Vorbereitung. Nicht ganz so gefällig ist die doch etwas biedere Optik, die sich aber ohne Zweifel mit minimalem Aufwand ändern lässt. Problematischer dann schon, dass das System nicht völlig ohne Maus zu bedienen ist, auch wenn man in den reinen Eingabemasken ohne diese auskommt. Aber der ein oder andere Offline-Verantwortliche dürfte sich an diesem Punkt stören.

Die technische Basis

Programmiert ist osReail in Java, genutzt wird hierzu Netbeans. Als Datenbank wird mySql empfohlen. Auch andernorts setzt man konsequent auf OpenSource bzw Freeware; zur Reporterstellung dient iReports. Gedacht ist osRetail nicht als Weblösung sondern zwecks Hosting auf dem eigenen Server im Intranet. Insofern: Macht alles einen sehr professionellen und durchdachten Eindruck.

Die Kosten

osRetail setzt konsequent auf OpenSource-Komponenten und bezeichnet sich auch selbst als „Open Source basierend“. Es fallen also (mit einer kleinen Ausnahme für die dbp-Komponente) keine grundlegenden Lizenzgebühren an, was auch und insbesondere für osRetail selber gilt. Systeme die sich bei einer ersten Präsentation mit vergleichbarem Funktionsumfang vorstellen liegen ohne Zweifel im oberen fünfstelligen oder gar sechsstelligen Eurobereich Lizenzkosten. Allerdings ist die Bezeichnung „OpenSource“ derzeit noch ein wenig irreführend, stellt man sich darunter doch gemeinhin freien Download und eine vorhandene gemeinsam entwickelnde und supportgebende Community vor – die es aber bislang nicht gibt. Insofern dürfte man auf Implementierung und Anpassung von osRetail zum Start auf das entwickelnde Systemhaus angewiesen sein, was aber natürlich nicht ausschliesst sich mit seiner eigenen IT-Abteilung Schritt für Schritt von diesem unabhängig zu machen. Womit wir beim nächsten Punkt wären…

…der Haken…

So sehr durchdacht und anschauenswert osRetail auch erscheinen mag – einen wichtigen Haken gibt es zum gegenwärtigen Zeitpunkt: osRetail ist derzeit noch nirgendwo produktiv im Einsatz. Demzufolge gibt es keine Referenzen, keine helfende Community, keine Praxiserfahrung – aber eben den durchaus interessanten und einen ordentlichen Eindruck hinterlassenden Ansatz….

…und die Chancen und das Fazit

osRetail vermittelt den Eindruck eines überaus umfassenden Funktionsumfangs, auch wenn dieser sicherlich noch nicht an jeder Stelle völlig eingeschliffen ist. Auch die Herkunft aus der Offline-Denke kann osRetail nicht verbergen, was das System aber grad für klassische Versandhändler interessant macht, für die ein Umstieg auf neuentwickelte vor allem onlineshop-orientierte System als absehbare Zeit nicht infrage kommt. Interessant sind vor allem die fehlenden Lizenzgebühren, die ansonsten für den vorhandenen bzw versprochenen Funktionsumfang woanders mit signifikanten Summen zu buche schlagen würden. Problemstellung ist hingegen, dass das System noch nirgendwo im Einsatz ist.

„Versender entwickeln gemeinsam“ hieß die verkündete Vision eines anderen Software- Hauses, welches eine neue Branchenlösung entwickeln wollte und damit nach Jahren Arbeit und Millionen Investoren- Förder- und Kundengelder ersteinmal einen veritablen „Bauchplatscher“  hingelegt hat. Im Vergleich dazu könnte osRetail – so es gelingt den ein oder anderen Versender zu finden, der sich auf osReail einlässt um peu a peu gemeinsam Ressourcen zu bündeln und unter Nutzung bekannter OpenSource-Elemente das System weiter zu entwickeln- vielleicht tatsächlich an diese Vision anknüpfen. Zumindest scheint das bereits vorhandene System eine ordentliche Basis hierfür zu bieten. Insofern ist osRetail sicherlich ein Projekt, welches sich lohnt näher angeschaut zu werden.

Wenn wir Ihnen bei der Auswahl des für Sie passenden Systems helfen können, scheuen Sie bitte nicht, uns zu kontaktieren. Mehr Infos zu unseren Beratungsleistungen, auch schon für kleinere Onlineshops oder Existenzgründer, erhalten Sie HIER.

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7 Responses to osRetail – Versandhandelssoftware auf OpenSource – Basis. Eine Einschätzung.

  1. Martin Gross-Albenhausen on 9. März 2010 at 22:39

    Eine sehr gute Analyse. Das System kenne ich seit den ersten Anfängen – es hat einige Schleifen gegeben. Eines der großen Probleme wird m.E. in der Tat die Community sein. Der „klassische“ Versandhandel ist nicht so groß, dass viele freie Entwickler sich in dieses System einfuchsen würden: Es fehlt der Markt, um später hier Dienstleistungsaufträge zu bekommen.

    Damit gibt es dann zwei Haken: Implementierung/Testing und Weiterentwicklung. Das wird für viele Versender ein großes Fragezeichen bringen. Nicht jeder hat 30 Mitarbeiter in der IT, um selber aktiv zu werden. Und wie viele Berater K&W für Implementierung und Anpassung abstellen kann, findet sich nirgends auf der Seite. Software zu entwickeln ist das eine. Sie dauerhaft zu supporten das andere.

    Und trotzdem: Es ist zu begrüßen, dass K&W bzw. Peter Magsam dieses „Baby“ auf die Welt gebracht haben. Je mehr sich Versender mit Open Source beschäftigen, um so eher wächst auch so einem „offline“-orientierten ERP-System ein Markt zu.

  2. Peter Magsam on 10. März 2010 at 12:31

    Sie haben recht Herr Gross-Albenhausen, ich hatte einige „Schleifen“ gedreht und dabei viel Erfahrung gewonnen. Deshalb ist es im Rückblick positiv.
    Um den dauerhaften Support sicherzustellen werde ich aus der Netbeans Community – mit diesem hochproduktiven Tool wurde osRetail erstellt – Softwareentwickler gewinnen. Mein Wissen wird darin verbreitet. Für den Support braucht man keine große Community. Damit hat ein Anwender Sicherheit. Ich bin erstaunt wie schnell eine Entwicklung mit Java möglich ist. Die Herausforderung ist immer die Übernahme der Altdaten. Anpassungen die sind wirklich schnell umgesetzt.

    Zum Thema „Offline“: lassen Sie mich zusammen mit Ancud den Webshop (läuft u.a. bei Memo) integrieren, dann schauen wir uns das Ganze wieder unter dem Blickwinkel „Online“ an. Ancud ist ein großes Softwarehaus (60 Mitarbeiter) in Nürnberg mit Schwerpunkt Open Source und natürlich Java.

  3. admin on 10. März 2010 at 13:16

    Hallo zusammen,

    ersteinmal vielen Dank für die zustimmenden und ergänzenden Worte.

    Herr Groß-Albenhausen wird sich vielleicht noch erinnern, dass ich ihm letzten Herbst in einem Beitrag auf seinem Blog zum Thema „ist OpenSource die Zukunft und anderen Entwicklungsformen überlegen“ oder so ähnlich, durchaus widersprochen habe – gerade mit dem Beispiel Versandhandelssoftware im Hinterkopf, bei dem ich mir eine wirkliche OpenSource-Entwicklung recht schwierig vorstelle.

    Umso interessanter finde ich dann das osRetail-Produkt, gerade eben weil es einen – auf den ersten Blick – Funktionsumfang bietet, der es erstaunlich macht, dass dort nur 1, 2 Leute zugange waren.

    Persönlich kann ich mir weiterhin schwer vorstellen, dass man eine so spezialisierte Software wie für den Versandhandel wirklich als puristische OpenSource-Lösung weiter entwickeln kann, denn mit dem Rekrutieren von ein paar Entwicklern ist es ja nicht getan. Eine Community muss bekanntlich leben und wie man sowohl an diversen Xing-Gruppen als auch beispielsweise an der Einführung der CE-Version von Oxid sieht (vergleichsweise technisch simpel und vergleichsweise auf einen Massenmarkt ausgerichtet) ist dies nicht unbedingt ein Selbstläufer.

    Vorstellen kann ich mir aber sehr wohl, dass sich ein paar Versender zusammentun und auf Basis von osRetail dies System teils kommerziell implementieren lassen, dies teils für eigene Anforderungen selbst weiterentwickeln (lassen) ohne die Weiterentwicklungen mit anderen zu teilen, teils aber auch Weiterentwicklungen in Auftrag zu geben oder eben selbst zu entwickeln und diese anderen zur Verfügung zu stellen.

    So ein Modell könnte funktionieren – insbesondere wenn eben die Lizenzkosten entfallen und ein entsprechender Anreiz vorhanden ist sich darauf einzulassen.

    Aber wie gesagt: Entscheidend wird sein Versender zu finden die sich auf sowas einlassen und auch „open minded“ genug sind, Entwicklungen mit anderen zu teilen. Verrückter als vorab in ein System zu investieren welches noch garnicht vorhanden ist und dann nach Jahren in die Röhre zu schauen ist dies aber auch nicht…

    Michael Wiechert

  4. Philipp Schimmelpfennig on 20. März 2010 at 18:14

    Guten Tag,
    wir sind momentan auf der Suche nach einem guten Warenwirtschaftssystem. Ich habe die Analyse gelesen, sowohl mir die Homepage angeschaut und bin begeistert. Da unsere Firma eh viel auf Open Source setzt würde ich dieses System gerne Testen. Leider finde ich aber keine Möglichkeit die Software runterzuladen.

    Falls die Software noch nicht freigegeben ist, würde ich mich über eine kurze Antwort freuen.

    Philipp Schimmelpfennig

  5. admin on 20. März 2010 at 18:21

    Hallo Herr Schimmelpfennig,

    in der Tat gibt es dort keine Download-Möglichkeit, insofern ja auch meine Anmerkung bzgl des Ist-Standes des OpenSource-Ansatzes. Allerdings macht bei einer doch sehr umfassenden Software vermutlich ein freier Download ohne Anleitung weniger Sinn, allein die Konfiguration eines solches System nimmt üblicherweise ja wenigstens einige Tage in Anspruch.

    Insofern macht es in einem solchen Fall vermutlich wirklich Sinn sich mit Herrn Magsam kurz in Verbindung zu setzen und sich die Software am Screen präsentieren zu lassen und dann die weiteren Schritte für einen tieferen Test zu besprechen.

  6. Gero von Stammeshausen on 8. Februar 2013 at 19:00

    mysql -> nicht für daten geeignet, die über web-cms hinausgehen. Für eine seriöse Lagerverwaltung, an der u.U. höhere Geldbeträge dranhängen, völlig ungeeignet. Für Userdaten von Web-Foren mag das ok sein, aber nicht für Dinge, an denen Jobs, Haus und Familie hängen.

    Das aktuelle Demo-System verweist auf TYPO3! O mein Gott, das ist ja nun wirklich völlig daneben – auf einem System, das schon als WEB-CMS eine Krankheit ist, das Lager-Business aufzubauen – sowas zu empfehlen würde ich als grob fahrlässig einstufen.

    Andere genannte Lösungen sind da schon eher geeignet. Empfehlenswert ist ein Blick auf OpenERP, ordentlicher PostgreSQL Server und Python als Unterbau und leicht erweiterbar mit modernen Programmier-Methoden. Ganz fertig aus der Tüte wird die perfekte Lösung hier auch nicht fallen, aber ist eine solide Grundlage!

  7. Michael Wiechert on 12. Februar 2013 at 10:50

    Naja,

    zu mysql oder Typo3 kann man natürlich seine Meinung haben, aber eine so pauschale negative Beurteilung würde ich nicht teilen wollen.

    Was osRetail angeht – der Beitrag ist ja schon ein paar Jahre alt und mittlerweile haben die Entwickler noch 1, 2 oder auch 3 Schleifen gedreht und umgebaut, allerdings ohne das System wirklich marktreif zu bekommen.

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